Pinkwashing

Wie man das Richtige (-re) tut
Das war doch wieder ein aufregender #PrideMonth:
Die Zeit, in der viele Unternehmen, besonders deren Marketingabteilungen, auf Diversity & Inklusion setzen.
Doch auch dieses Jahr wird deutlich, dass einige noch immer nicht dazugelernt haben.
Nein, es reicht nicht aus, das Profilbild in Regenbogenfarben zu tauchen, auf Produkte bunte Flaggen zu drucken und zu sagen „Diversity ist voll ok” und so. Das ist unsinnig.
Genauso unsinnig wie die Entscheidung der UEFA, die Allianz Arena beim Spiel gegen Ungarn nicht in Regenbogenfarben leuchten zu lassen, da Fußball ja nicht politisiert werden solle und neutral sei. Der europäische Fußballverband ließ es sich trotzdem nicht nehmen, sein Social-Media-Profilbild am nächsten Tag umzugestalten.
Viele andere Unternehmen haben es ihnen in den letzten Wochen gleichgetan. Das ist einfach nicht in Ordnung. Schon gar nicht, wenn nur auf den lokalen Social-Media-Profilen der westlichen Länder Haltung gezeigt wird und die Profile der Länder ausgenommen werden, in denen Menschen unterdrückt, bestraft, getötet und ihrer Menschenrechte beraubt werden.
Viele schöne bunte Farben. So schön die Farben sind, aber ja es macht sauer, wenn ein politisches Zeichen verwendet wird, ohne aktiv dafür einzustehen. Und hier liegt das eigentliche Problem.
Wo dieser Tage LGBTTIQ* drauf steht, ist nicht überall auch eine echte Überzeugung drin.
Stichwort Pinkwashing:
Es geht hier nicht darum, alle und alles bis aufs Blut zu verurteilen. Ich hoffe aber, dass in Zukunft immer mehr Menschen verstehen, dass es um weitaus mehr geht. Es geht um Menschenrechte, das Leben anderer und darum dafür einzustehen.
Missbraucht den Regenbogen, das politische Zeichen, nicht für euer “Image”. Euer Image wird bröckeln, wenn ihr nicht meint, was ihr sagt und der Regenbogen wird an Kraft verlieren.
Alternativ zum Bashing möchte ich deswegen lieber einen kleinen Anschub an die Marketingabteilungen und Social-Media-Verantwortlichen geben. Und ihnen eine nachhaltigere Richtung ans Herz legen.
Eine letztes Jahr veröffentlichte Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung e.V. (DIW Berlin) zeigte, dass 30 % der Befragten Diskriminierung am Arbeitsplatz erlebt haben. Und ca. ein Drittel der LGBTTIQ*-Mitarbeiter:innen bis heute nicht am Arbeitsplatz geoutet sind.
Das bedeutet übrigens für viele, dass ein Teil ihrer Energie dafür aufgewendet wird, sich zu verstecken. Energie, die nicht in die Arbeit fließen kann.
Macht etwas dagegen.
Zeigt den Menschen intern wie extern, dass euer Unternehmen Diversity nicht nur toleriert, sondern akzeptiert und kultiviert. Wenn es noch nicht so ist, dann werdet aktiv. Sucht euch Unterstützung, wenn nötig von Expert:innen aus der Community oder aus den eigenen Reihen. Mitarbeiter:innen aus der LGBTTIQ*-Community unterstützen euch sicher gerne auf dem Weg.
Denen, die die Unternehmenskultur mitgestalten, ist es zu verdanken, dass Menschen wie ich sehr selbstbewusst mit sich und ihrer Sexualität umgehen können. Bei meinen bisherigen Stationen wie JuwelKerze, Coca-Cola und auch heute bei TryNoAgency erlebe ich den Umgang, den ich erwarte.
Ob bei Mikro-Aggressionen oder „unbewussten” Vorurteilen: Ich kann meinen Mund aufmachen und aufklären.
Das ist meinem Selbstbewusstsein, aber vor allem auch der Unternehmenskultur geschuldet. Weil mir ein Gefühl der Sicherheit und des Beiseitestehens vermittelt wird.
Einmal sagte ein Kunde zu einem Design, das sehe „schwul” aus. Typischer Fall: Ich wusste, dass es „nicht so gemeint” war, hab’s ignoriert und fühlte mich später schlecht, nichts gesagt zu haben. Das hab ich aber noch nachgeholt. 😉
Heute ist klar: Erst als ich mir sicher war, dass mein Arbeitsumfeld zu mir stehen würde, konnte ich für mich einstehen.
Damit sollte der Arbeitsauftrag klar sein!
Schafft ein Arbeitsumfeld, in dem sich Homo-, Bi-, Transsexuelle, Transgender, Intersexuelle, Queere und alle anderen gestärkt fühlen. Stellt euch deutlich gegen jede Form von Ausgrenzung oder Diskriminierung! Nur so schafft ihr einen sicheren Raum für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit. Jede/r sollte er/sie/ihr selbst sein können und dürfen. Jeder Mensch verdient Respekt und Akzeptanz. NICHT Toleranz.
Streicht das Wort Toleranz aus eurem Sprachgebrauch, wenn es um Diversity und Inklusion geht.
Und wenn ihr Pride & Diversity darüber hinaus für euren Profit nutzt, dann teilt euren Gewinn mit denen, die sich tatsächlich aktiv für die Belange der Community einsetzen.
Spendet an lokale Vereine und Organisationen. Sie sind es, die euren Mitarbeitenden im Privatleben in allen möglichen Formen unter die Arme greifen. Sei es, indem sie geschützte Räume bieten, für Menschenrechte kämpfen, sich um die Gesundheit bemühen oder vieles anderes mehr. Arbeitet mit LGBTTIQ*-Unternehmen zusammen. Bucht Künstler:innen aus der lokalen Szene.
Was auch immer es ist: Gebt euch ein kleines bisschen extra Mühe, verlasst die euch bekannten Pfade und macht es besser.
Trotzdem Danke, dass ihr einen kleinen Beitrag leistet und mit euren Profilbildern für einen Monat für etwas mehr Sichtbarkeit sorgt. Aber bitte macht nach dem ersten Schritt auch den zweiten. Wenn ihr anfangt, dann zieht es durch. Stellt euch klar gegen Ausgrenzung und Diskriminierung.
Ihr braucht Unterstützung, wie ihr euer Unternehmen klar gegen Ausgrenzung und Diskriminierung aufstellt?
Ihr wollt Vereine unterstützen?
https://www.bundesverband-trans.de
Ein guter Start, aber es gibt noch so viele mehr. Deswegen informiert euch bitte über lokale Vereine und Organisationen.
Gastbeitrag erschienen am 23. Juli 2021 in W&V.
Matthias Galda
